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Was ist Slow Food Travel?

Slow Food Travel-Lesachtal Gailtal-Kärnten-Hansbauerhof

Das österreichische Reisebloggertreffen 2016 hat uns in diesem Jahr nach Kärnten geführt. Eine Region, die wir meist mit Besuchen etwas vernachlässigen und auf unserem Weg Richtung Italien nur queren. Wie so vieles liegt das Gute zwar so nah, doch all das was man leicht erreichen kann, scheint nicht erstrebenswert. 

 

Aus diesem Grunde sind wir über solche Gelegenheiten doppelt froh und haben uns wahnsinnig auf diese Reise gefreut. Eine Gegend in Österreich zu erkunden, die wir aus dieser Perspektive wohl nicht so schnell zu Gesicht bekommen hätten. Und all das mit gleichgesinnten Bekannten und  vielen Freunden zu erleben, macht uns äußerst glücklich. Wie du ja weißt, sind wir selten in der Gruppe unterwegs und bevorzugen Reisen zu zweit, doch mit einer Horde Reisebloggern macht das wahnsinnig viel Spaß!

Slow Food Travel

Slow Food Travel-Lesachtal Gailtal-Kärnten-Laufen am Morgen-Kühe

Slow Food Travel - so müssen Produkte heute eben heißen. Übersetzt man es ins Deutsche so wirken diese Worte fast ein bisschen plump und wenig spektakulär, doch auch im Englischen ist es nicht mehr als ein Marketingbegriff. Um ehrlich zu sein bin ich schon sehr vorsichtig und äußerst kritisch im Umgang mit solchen Begriffen geworden. Zu oft habe ich erlebt wie nach außen hin mit den schönsten Phrasen geworben und nach innen hin nicht gelebt wird. 

 

Überlegt man sich jedoch was dahinter stecken könnte, dann kommen einen sofort Begriffe wie Entschleunigung, bewusstes Reisen, gutes aber vor allem echtes Essen und kein 400 Betten All-in Luxus Resort mit Spaßpark in den Sinn.

 

Mit diesen Gedanken im Kopf habe ich mich dann auch auf den Weg ins Lesachtal gemacht.

Hansbauerhof - Bauernhof erleben

Angekommen beim Hansbauerhof, unserem Hotel für die nächsten Tage, hat sich bereits eines bewahrheitet. Wir sind nicht in einem 400 Betten All-in Luxus Resort untergebracht - und das ist auch gut so. Wir sind in einem charmanten und ehrlichen Landhotel in einem kleinen Dorf names Jenig einquartiert. Der Slogan "Bauernhof erleben" stimmt sobald man auf den Balkon tritt und sich ein wenig umsieht. "Ideal für ausgedehnte Morgenläufe" kommt mir in den Sinn, als ich die Feld- und Wiesenwege rund ums Hotel betrachte. Natürlich habe ich mir schon vor der Reise auf Google Maps mögliche Laufstrecken zurechtgelegt, man weiß ja nie und muss immer vorbereitet sein.

Back to the roots - Nicht!

Bereits bei unserem ersten Abendessen im und einer kleinen Einführung in die Slow Food Travel Region Gailtal-Lesachtal ist mir dieser Satz aufgefallen. "Wir wehren uns gegen Back to the roots - wir wollen Essen produzieren wie es unsere Großmütter gemacht und als Essen erkannt hätten." Das heißt regionale Produkte verwerten, doch regionale Produkte, die auch wie damals produziert worden sind. Ohne moderne Zusatzstoffe, ohne moderne Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Es muss auch nicht alles Bio sein, wichtig ist nur, dass es ehrliche Produkte sind, die mit so wenig künstliche Zusatzstoffe wie nur möglich auskommen.

 

Als Sportler mache ich mir sehr oft Gedanken zur Ernährung, Nahrungsmitteln und interessiere mich auch für spezielle Diäten. Bei vielen meiner Freunden sind aktuell Dinge wie Low Carb, also eine Ernährung fast ohne Kohlenhydrate, en vogue. Und natürlich nimmt man ab, wenn man keine, bzw. fast keine Kohlehydrate zu sich nimmt. Jedoch muss man auch verstehen, dass Kohlenhydrate der Brennstoff für den Körper sind, ähnlich wie Diesel oder Benzin für das Auto. Aus diesem Grund gibt es zum Beispiel auch am Vorabend von Laufveranstaltungen Pasta-Parties für die Teilnehmer. Kohlenhydrate sind also wichtig, ich denke man muss nur unterscheiden welche Kohlehydrate man zu sich nehmen will oder soll und hier liegt der Hund begraben. Für mich kommt keiner dieser radikalen Ansätze, die mit Verboten von ganzen Lebensmittelgruppen zu tun haben in Frage. Auf die Dauer wird man dadurch nur Heißhunger oder Mangelernährung fördern.

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Gasthof Grünwald Sankt Daniel
Chia Samen-Vegan-Bio+fair

Was ich aber damit sagen will ist: Es muss nicht um jeden Preis Bio sein, es muss nicht alles Vegan, Gluten- und Laktosefrei sein. Die Lebensmittelindustrie spielt hier immer öfter mit dem Unwissen der Konsumenten und wird das meiner Meinung nach immer weiter ausbauen. Da werden Produkte, die von Natur aus ohnehin Vegan, Gluten- oder Laktosefrei sind, mit den genau diesen Attributen beworben und natürlich mit einem entsprechenden Aufschlag gekauft. Regale mit solchen Produkten schleichen sich immer mehr in unsere Supermärkte ein. Das heißt im Klartext: Die Lebensmittelindustrie verdient damit eine Menge Geld. 

 

 

Ein weiteres aktuelles Beispiel, das sich mit veganen Lebensmitteln Geld machen lässt, ist die Übernahme von ALPRO durch Danone. Viele der langjährigen Kunden fühlen sich dadurch betrogen und entziehen dem bisherigen Familienunternehmen ihr Vertrauen.

Das Nudl Kudl Mudl im Gasthaus Grünwald in Dellach

Ingeborg Daberer ist stolz auf ihre Küche, ihre Gerichte, ihre Region und vorallem die Zutaten, die teilweise selbst in der eigenen Landwirtschaft produziert werden oder von regionalen Produzenten stammen. Sie kennt jeden der Produzenten persönlich und wenn man sie reden hört, hat man auch den Eindruck, dass sie ist in die einzelnen Produkte fast schon ein wenig verliebt. Ich finde das großartig, denn nur aus einem hervorragenden Grundprodukt kann ein außergewöhnliches Gericht entstehen. Sehr interessant fand ich im Gasthaus Grünwald die gelebte Tradition in Verbindung mit modernem Ambiente und die hochklassige Präsentation von klassischen Gerichten aus Kärnten.

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Gasthof Grünwald Sankt Daniel

Auf der Spur des Korns - Der Lesachtaler Mühlenweg

Wie bereits erwähnt kann nur ein tolles Grundprodukt zu einem außergewöhnlichen Endprodukt führen. Doch wie entstehen diese Grundprodukte? Einen kleinen Einblick gewährt der Lesachtaler Mühlenweg, hier wird auch heute noch nach altem Vorbild Mehl erzeugt, ohne elektrischen Strom, ohne Diesel-Aggregate. Ganz wie früher nur mit Wasserkraft. Es ist bemerkenswert mit welchem Erfindergeist in Maria Luggau die Bauern auch früher schon gearbeitet haben, mit Seilzügen von Wasserkraft betrieben wurden die steilen Hänge bewirtschaftet, um das Korn für die Mühlen erst anzubauen und ernten zu können. 

 

Doch auch die traditionelle Weiterverarbeitung des Korns in den alten Mühlen wird hier eindrucksvoll zur Schau gestellt, ich fühle mich in diese Zeit zurückversetzt.

Und genau dieses Mehl wird ein paar Kilometer weiter im Hotel Wanderniki von der Senior-Chefin, der Lanner-Rosi, zu Brot verarbeitet. Doch auch hier handelt es sich nicht um die Fertigbackmischung aus dem Supermarkt. Nein, hier wird Sauerteigbrot nach altem Rezept hergestellt, der Teig 3 Tage lang gezogen, genau so wie sie es von ihrer Mutter gelernt hat. Das Brot verbreitet bereits im Ofen einen einladenden Duft und schmeckt zur anschließenden Morende (Jause) einfach himmlisch.

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Hotel Wanderniki

Zu Gast im "der Daberer das Biohotel"

Ein etwas anderer Stil zu den letzten Stationen erwartet uns im Biohotel Daberer in Dellach im Gailtal. Die Eingangshalle modern und städtisch, aber freundlich und mit persönlicher Note. Ich fühle mich auf der Stelle wohl. Beim Sektempfang plaudert die Hausherrin Marianne Daberer aus dem Nähkästchen und erzählt uns von der im Haus gelebten Philosophie. Es muss nicht immer Bio sein, viel wichtiger ist uns ein regionales Produkt, das nach unseren Vorstellungen und Werten hergestellt worden ist. Damit muss ich ihr Recht geben. Ich finde es mehr als bedenklich wenn Bio-Lebensmittel als auch andere Lebensmittel um den halben Erdball geflogen werden nur um das Sortiment zu komplettieren. 

 

Mir gefällt diese Philosophie, wobei es mit Sicherheit auch Schwierigkeiten gibt, dies bei allen Gästen durchzusetzen. Denn die Lebensmittelindustrie hat die letzten Jahre ganze Arbeit geleistet, was die Manifestierung von Bioprodukten in unseren Köpfen betrifft. Doch im Grunde nehmen Lebensmittel die regional, bewusst und ehrlich hergestellt wurden, bei mir einen höheren Stellenwert ein als alle Bio-Zertifikate. Dieser Meinung ist auch Marianne Daberer und erzählt mit viel Stolz und Charme von den heimischen Lieferanten, deren Methoden und Produkten. Dieser Stil zieht sich durch das ganze Hotel, besonders toll fand ich den Yogaraum und die Naturteichanlage.

 

Von der Küche im Biohotel Daberer hat Melanie in ihrem Beitrag über das Lesachtal und Gailtal bereits berichtet

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Biohotel Daberer

"Das Slow Food - Schlemmer Frühstück" bei Sissy und Stefanie Sonnleitner

Man stelle sich ein traditionelles Landhaus in Kärnten vor, neben dem Hauseingang blühen rote Rosen, das Haus in gelb, ein kleines Vordach von zwei Säulen gestützt um vor sommerlichen Regengüssen zu schützen. Alles sehr nett und gediegen, typisch und traditionell.

 

Und dann begrüßte uns die junge Stefanie Sonnleitner, ihr Erscheinungsbild passt so gar nicht in dieses Umfeld oder vielleicht hatte ich nur eben das nicht erwartet. Innerlich kam Freude auf, das wird bestimmt aufregend, dachte ich, hier passiert grade etwas. Und tatsächlich, während sich Sissy Sonnleitner kurzerhand in die Kirche verabschiedet, erklärte uns Stefanie Sonnleitner ihre vegane Philosophie. 

 

Wow, dachte ich mir, die junge Frau hat Pepp, aber vor allem Mut und mit Sicherheit auch Durchsetzungsvermögen. Ob und wie viel Kraft es kostet in ein bestehendes und alteingesessenes Restaurant im ländlichen Raum eine vegane  Küche zu etablieren, hat uns die nach außen hin sichtlich tätowierte Stefanie leider nicht erzählt. Die Antwort wäre mir allerdings einen weiteren Besuch wert. Das vegane Beef Tartare zum Frühstück habe ich äußerst positiv in Erinnerung. 

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Sissy und Stefanie Sonnleitner

Der Gailtaler weiße Landmais

Sepp Brandstätter vom gleichnamigen Brandstätter Hof hat sein Leben dem weißen Landmais verschrieben. Doch nicht immer hat der "Eigenbrödler" diesen Weg verfolgt, so hatte auch er früher einmal einen gewöhnlichen 40 Stunden Job und hat die Landwirtschaft nebenbei geführt. Bis es ihm eines Tages zuviel wurde und er aus diesem Hamsterrad ausbrechen wollte, er konnte sich einfach nicht vorstellen weitere 40 Jahre in diesem Büro zu verbringen. Er kündigte den Job, gab alle Sicherheiten auf und konzentrierte sich auf die Landwirtschaft. Was er anpackt, das will er richtig machen, aus diesem Grund hat er sich intensiv mit den Sorten, dem Boden im Tal und den Anbaumethoden beschäftigt.

 

Zusammen mit der Fachhochschule Weihenstephan hat er vor vielen Jahren das Experiment weißer Landmais begonnen und der Erfolg gibt ihm heute Recht. Der Weg war und ist nach wie vor mit vielen Steinen gesät und würde er wie seine Nachbarn das Saatgut beim Händler kaufen, so hätte er mit Sicherheit ein einfacheres Leben, doch er schwimmt gerne gegen den Strom! Er selbst verbringt im Winter viele Abende mit dem sortieren des eigenen Saatguts und sichtet dabei jedes einzelne Maiskorn.

 

Neben der Spitzengastronomie werden immer mehr Menschen auf den Landwirt aufmerksam und kaufen sein Naturprodukt ohne künstliche Zusätze und ohne Genveränderungen. Auf seinem Hof spürt man wieder die gelebte Philosophie, sehr unterhaltend erzählt er einige lustige Anekdoten und vergisst dabei nicht den einen oder anderen Seitenhieb an unsere Behörden zu verteilen. 

Der Edelgreissler Herwig Ertl - Ein Unikat vor dem Herrn

Und noch einer, der sich seiner Sache zu 100 Prozent verschrieben hat und dabei keinen Schritt von seinem Weg abweichen würde. Schließe mal kurz die Augen und stell dir einen Zirkusdirektor vor, einen Mann mit Zylinder, Gehstock, die Haarpracht bereits abgelegt, einen Gehrock in Pink und dazu immer einen frechen Spruch auf den Lippen.

Wenn du diese Person vor Augen hast, dann weißt du wie der Edelgreissler aussieht. Man könnte ihn aber auch kurz ein wenig exzentrisch mit absolutem Hang zu Qualität beschreiben. In seinem Laden in Kötschach-Mauthen findet man nur hochqualitative Produkte von persönlich ausgewählten Produzenten, erzählt er. Die meisten kennt er bereits seit Jahren und mit den meisten so scheint es hat er auch bereits das eine oder andere Glaserl getrunken, um die Philosphie besser kennenzulernen, versteht sich natürlich.

Doch genauso unique wie sein Auftreten ist seine Art der Präsentation und die Kombinationen der Lebensmittel. Ein 16-Gänge Menü auf kleinen Löffeln serviert, abgerundet mit einem Tröpfchen Öl hier und einem Spritzer Essig da, wirkte ebenso fremd, wie genial. Auf die richtige Menge kommt es an und die Liebe zum Produkt spürt man bei ihm in jedem Wort und bei jeder Kreation.

 

 

Außergewöhnlich und fantastisch, ein Mann der sich für den guten Geschmack einsetzt!

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Herwig Ertl-Edelgreissler

Erlebnis Speck produzieren im Schlössl Lerchenhof

Wie immer bin ich auch hierbei ehrlich, Speck produzieren ist für mich kein Erlebnis. Ich will auch gar nicht scheinheilig sein, ich esse Speck und Fleisch, wenn auch immer weniger. Ich respektiere auch hier den Qualitätsgedanken und bin froh, wenn die Tiere im Vergleich zur Massentierhaltung einen Auslauf bekommen und genügend Platz haben, aber dennoch ist dies kein Erlebnis für mich.

Slow Food Travel Lesachtal Gailtal-Kärnten-Schlössl Lerchenhof

Fazit: Slow Food Travel Gailtal, Lesachtal

Ich bin schwer beeindruckt von den Menschen, die hinter all diesen Produkten stehen. Die ihr Leben meiner Meinung nach oft hinter die Sache stellen, die uneingeschränkt hervorragende Lebensmittel liefern wollen und entgegen dem allgemeinen Trend arbeiten. Während dieser Reise hatte ich den Eindruck, dass sich tatsächlich etwas tut, dass die Lebensmittelindustrie Gegenwind bekommt, dass kleine Produzenten am Markt wieder eine Chance haben und sich durch den Verbund einer regionalen Gemeinschaft ordentlich etwas auf die Beine stellen lässt. Wenn alle an einem Strang ziehen und zutiefst an die Sache glauben, dann kann man auch etwas erreichen.

 

Vielen Dank an Kärnten Werbung und NLW Tourismus für die Einladung, doch vor allem an all die tollen Menschen, die wir auf dieser Reise kennenlernen durften, die uns mit viel Liebe ihre Geschichte erzählt haben und uns einen Einblick in ihr Schaffen gewährt haben.

Vielen Dank auch an unsere Reiseblogger Kollegen für die tolle Unterhaltung:

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